- Das Weisse Band, Buffalo '66, The Virgin Spring, Dogville, Ghost World, Höhere Gewalt, The Brown Bunny, Death in Venice, White Oleander, Und wieder spring' ich über Pfützen, The Dreamers, Mouchette -
Samstag, 19. November 2011
Freitag, 18. November 2011
Standpunkt
"Die Frage heißt nicht: Was darf ich zeigen? Sondern: Welche Chance gebe ich dem Zuschauer, das Gezeigte als das zu erkennen, was es ist?Die Fragestellung - eingeschränkt auf das Thema Gewalt - lautet nicht: Wie zeige ich Gewalt? Sondern: Wie zeige ich dem Zuschauer seine eigene Position gegenüber der Gewalt und ihrer Darstellung?" - Michael Haneke
Donnerstag, 17. November 2011
28 Tage, 6 Stunden, 42 Minuten, 12 Sekunden
"Das primäre Universum ist mit großen Gefahren beladen. Krieg, Seuchen, Hungersnot und Naturkatastrophen sind alltäglich. Der Tod kommt zu uns allen. Die vierte Dimension der Zeit ist ein stabiles Konstrukt, obgleich es nicht undurchdringlich ist. Ereignisse, die die Struktur der vierten Dimension beschädigen mögen, sind ausserordentlich selten. Sollte ein Tangentenuniversum entstehen, wird es höchst instabil sein und sich nicht länger als einige Wochen aufrechterhalten können. Es wird schließlich in sich selbst zusammenbrechen und dabei ein schwarzes Loch innerhalb des Hauptuniversums schaffen, welches dazu im Stande ist, jegliche Existenz auszulöschen."
Samstag, 5. November 2011
Kinobesuch
"Endlich (oder leider - ich weiß nicht) haben die Priester den Austausch ihrer Schulerinnerungen beendet oder abgebrochen, auch sie kommen, um sich die Herrlichkeit anzusehen, die das Plakat verspricht: Anne Blyth. Die rötlichen Muscheln erlöschen, der Schulpausenlärm auf den billigen Plätzen verstummt, diese ganze klassenlose Gesellschaft versinkt in schweigender Erwartung, während süß, bunt und breitwandig der Film beginnt. Hin und wieder fängt eins der vier- oder dreijährigen Kinder an zu schreien, wenn die Pistolen allzu realistisch knallen, das Blut, zu echt nachgemacht, von der Stirn der Helden fließt oder gar dunkelrote Tropfen auf dem Hals der Schönen sichtbar werden: Oh, muß denn dieser süße Hals durchbohrt werden? Er wird nicht endgültig durchbohrt, nur keine Bange, schnell dem schreienden Kind ein Stück Schokolade in den Mund geschoben: da schmelzen Schmerz und Schokolade im Dunkeln dahin. Am Ende des Films hat man jenes Gefühl, das man seit der Kindheit nicht mehr kannte: als habe man zuviel Schokolade gegessen, zuviel Süßigkeiten genascht: oh, dieses schmerzlich kostbare Sodbrennen zu intensiv genossener Verbotenheit! Nach soviel Süße eine pfeffrige Voranzeige: Schwarzweiß, Spielhölle - harte magere Weiber, häßliche, kühne Helden, wieder die unvermeidlichen Pistolenschüsse, wieder Schokolade in den Mund der Dreijährigen geschoben. Ein großzügig gestaltetes Programm: drei Stunden dauert es, und, auch hier, als die rötlichen Muscheln wieder zu leuchten beginnen, die Türen geöffnet werden: auf den Gesichtern, was nach jedem Kinoschluß auf den Gesichtern zu sehen ist: eine leichte, durch Lächeln übermalte Verlegenheit: man schämt sich ein wenig des Gefühls, das man, ohne es zu wollen, investiert hat. Die Modeheft-Schönheit steigt in ihren Straßenkreuzer, riesige blutrote Rücklichter, glimmend wie Torfstücke, entfernen sich zum Hotel hin - der Torfstecher trottet müde auf seine Kate zu; schweigende Erwachsene, während die Kinder zwitschernd, lachend, weit in die Nacht verstreut sich entfernend, sich den Inhalt des Films noch einmal erzählen."
Heinrich Böll, Irisches Tagebuch, 1957
Ankunft
"Als ich an Bord des Dampfers ging, sah ich, hörte und roch ich, daß ich eine Grenze überschritten hatte; eine von Englands lieblichen Seiten hatte ich gesehen: Kent, fast bukolisch - das topographische Wunder London nur gestreift - dann eine von Englands düsteren Seiten gesehen: Liverpool - aber hier auf dem Dampfer war England zu Ende: hier roch es schon nach Torf, klang kehliges Keltisch aus Zwischendeck und Bar, hier schon nahm Europas soziale Ordnung andere Formen an: Armut war nicht nur »keine Schande« mehr, sondern weder Ehre noch Schande: sie war - als Moment gesellschaftlichen Selbstbewußtseins - so belanglos wie Reichtum; die Bügelfalten hatten ihre schneidende Schärfe verloren, und die Sicherheitsnadel, die alte keltisch-germanische Fibel, trat wieder in ihr Recht; wo der Knopf wie ein Punkt gewirkt hatte, den der Schneider gesetzt hatte, war sie wie ein Komma eingehängt worden; als Zeichen der Improvisation förderte sie den Faltenwurf, wo der Knopf diesen verhindert hatte. Auch als Aufhänger von Preisschildchen, als Hosenträgerverlängerung, als Manschettenknopf-Ersatz sah ich sie, schließlich als Waffe, mit der ein kleiner Junge durch den Hosenboden eines Mannes stach: erstaunt war der Junge, erschrocken dann, weil der Mann keinerlei Reaktion zeigte; dann klopfte der Junge vorsichtig mit dem Zeigefinger den Mann ab, um festzustellen, ob er noch lebte: er lebte noch, schlug dem Jungen lachend auf die Schulter."
Heinrich Böll, Irisches Tagebuch, 1957
Samstag, 22. Oktober 2011
Aus der Manteltasche
Foto: monsieur fantasque
Folgende Auflistung ist ein Bruchteil einer Ansammlung von mehreren Wochen alten Bleistiftkritzeleien aus der Manteltasche und der Schreibtischschublade. Es sind unter anderem Filme, denen ich gerne mehr Aufmerksamkeit oder einen Platz in meinem Regal schenken würde. Sie sollen sich nicht gleich wieder aus meinem Gedächtnis schleichen, daher habe ich mir schon vor längerer Zeit angewöhnt, überall kleine Zettelchen zu verstreuen, auf denen Kinoneuerscheinungen, DVD-Gelüste oder Zitatfetzen ihren spärlichen Platz gefunden haben. Kurz bevor die ersten Buchstaben verblassen, werden die Notizen eingesammelt und ausgewertet.
unbedingt besuchen: die Traumathek in Köln
unbedingt (im Kino) ansehen:
Tyrannosaur:
- Danke fürs Erinnern, Valerie!
- Wie kann mir entgangen sein, dass der Film von Paddy Considine ist, der scheinbar neben Shane Meadows die Geschichte zu This is England aufs Papier brachte und außerdem in einem meiner Lieblingsfilme My Summer of Love mitspielt.
- Ich bin äußerst gespannt, zumal mich die Geschichte ein wenig an Gaspar Noés Menschenfeind erinnert - könnte aber genauso gut ein Trugschluss sein.
von Andreas Dresen:
- schwere Kost.
- Ich habe außer Sommer vorm Balkon nicht einen einzigen Film von Dresen gesehen!
von Jan Schomburg (eine gute Kritik im Schnitt, der Trailer und die Tatsache, dass die großartige Sandra Hüller mitspielt, haben mich neugierig gemacht.)
Was du nicht siehst
von Wolfgang Fischer
Michael
ein Debütfilm von Markus Schleinzer (voraussichtlich ebenfalls schwere Kost, Schleinzer arbeitete übrigens mehrere Jahre lang mit Michael Haneke zusammen und castete u.a. das Kinder-Ensemble für Das weiße Band) http://www.arte.tv/de/3906614,CmC=3907600.html
von Wolfgang Fischer
Michael
ein Debütfilm von Markus Schleinzer (voraussichtlich ebenfalls schwere Kost, Schleinzer arbeitete übrigens mehrere Jahre lang mit Michael Haneke zusammen und castete u.a. das Kinder-Ensemble für Das weiße Band) http://www.arte.tv/de/3906614,CmC=3907600.html
von Xavier Dolan (danke, monsieur fantasque!)
The Tree of Life
von Terrence Malick (selten war ich so unschlüssig was meine Meinung über einen Film angeht. Jedenfalls wird sich die DVD schon alleine der grandiosen Bilder wegen lohnen.)
The War Zone
von Tim Roth
von Tim Roth
Mittwoch, 28. September 2011
Kurz und gut.
Warum ich Kurzfilme mag?
Es ist eigentlich ziemlich einfach: Die Zeit fehlt.
Die Zeit, die die Figuren brauchen, um sich entwickeln zu können. Die Zeit, die der Zuschauer braucht, um sich an den Stil und die Handschrift des Regisseurs zu gewöhnen bis hin zu der Stelle, an der ihm der Schauplatz und das Milieu des Films vertraut sind, er auf der innerfilmischen Ebene denkt und fühlt.
Der durchschnittliche Kinofilm bedient sich im Grunde genommen einer durchaus strikten Dramaturgie, die der Kurzfilm offensichtlich so nicht in der Lage ist zu adaptieren. Aber genau dieser vermeintliche Nachteil oder Mangel, die knapp bemessene Zeit, entpuppt sich als sein wertvollstes Elixier.
Meine wärmste Empfehlung ist das Magazin KurzSchluss auf ARTE. Es wird zu später Stunde ausgestrahlt, ist aber unglaublich sehenswert.
Viele Geschichten auf engstem Raum. Da verliert man hin und wieder den Überblick, den selbstverständlich jeder gerne behalten will. Einleitende Backstories sind aufgrund der begrenzten Zeit eher selten bis schlichtweg gar nicht vorhanden. Ein richtig konventionelles Ende kommt übrigens auch äußerst selten vor. Die Kurzfilme dürfen, oder besser gesagt die Regisseure trauen sich genau das, was im Kino mittlerweile verpönt zu sein scheint oder nur unter lautstarkem Protest und dem aufkommenden Vorwurf der mangelnden Ideen für einen ordentlichen Abschluss, eine exakte Schlusslinie, geduldet wird. Schlicht und einfach aufhören und den Abspann setzen, ohne die Erklärung abzuliefern, ohne dem Protagonisten den langersehnten Glücksmoment vor die Füße zu werfen oder die Misere durch Tod, Geldsegen oder endlich einkehrenden Familienfrieden zu erlösen.
Kurzfilme sind vergleichbar mit einem Kurzaufenthalt in einer fremden Stadt, in der uns die Orientierung fehlt und wir trotz Kulturschock und einer Sprache, die wir kaum verstehen, den Aufenthalt genießen und aufregend finden. Wir kennen die Menschen kaum, weder ihre Vergangenheit noch ihre Eigenarten und trotzdem gelingt es, sich einen Eindruck verschaffen zu können. Ein Atemzug reicht aus, um das was in der Luft liegt aufzuspüren, ohne Halt gebendes Hintergrundwissen, das uns auf subtilste Art und Weise zu manipulieren versteht.
Wie so oft rennt die Zeit, wir treten die Rückreise an, die Bilder aber bleiben im Kopf. Sie bleiben weitaus länger, als uns die tatsächliche Dauer des Aufenthalts vermuten lässt.
Eigentlich hat sich der Kurzfilm, besonders seit den 90er Jahren, längst etabliert. Schließlich ist er das Ergebnis der ersten filmischen Gehversuche, bei denen sich die Filmpioniere erfolgreich darum bemühten, Alltagsszenerien auf Zelluloid zu bannen.
Trotzdem ist es schade, dass Kurzfilme immer noch ein rares Gut im heimischen Fernsehprogramm darstellen. Es gibt zumindest in Deutschland unzählige Kurzfilmfestivals und, soweit ich weiß, sind besonders die Franzosen darum bemüht, dieser besonderen Art des Geschichtenerzählens ein größeres Präsentationsspektrum zu bieten und die jungen Filmemacher durch Fördergelder zu unterstützen.
Zeitmangel ist ja für uns Menschen momentan wieder das große Thema. Der Kurzfilm dagegen zehrt davon, es ist das, was ihn in erster Linie ausmacht und im positivsten Sinne prägt.
Es ist geradezu paradiesisch und utopisch: Die Vorstellung, man könnte den heimtückischen Werbepausen im Fernsehen ein Ende setzen und stattdessen einen großen Teil der Wirtschaft mit der Ausstrahlung von Kurzfilmen strafen.
Dann müsste man die wenige Zeit die vom Tage übrig bleibt zumindest nicht mit bunten Werbeblöcken verschwenden.
Denn dafür ist das Leben eigentlich zu kurz.
Sonntag, 25. September 2011
Ophelia
Kontroverse hin oder her, am 6. Oktober ist es endlich soweit. Meine Erwartungen sind hoch und ich bin gespannt, auch weil es heißt, der Film sei zu schön geworden, so lautet zumindest das für von Trier angeblich vernichtende Urteil vieler Zuschauer und Kritiker.
Mit seinem letzten Film Antichrist, einer ausgewogenen Mischung aus Horrorfilm und Psychothriller, gebettet auf dem erdigen Boden eines nebligen Märchenwaldes, wusste er wie so oft durch verstörende Bilder zu provozieren, zeigte aber gleichzeitig auch unglaublich schöne und ästhetische Einstellungen, vielleicht sogar die schönsten die ich während der letzten Jahre auf dem Bildschirm -und leider nicht auf der Kinoleinwand- sehen durfte.
In Melancholia zitiert von Trier das berühmte Gemälde Ophelia (1851-1852) von John Everett Millais.
There is a willow grows aslant a brook,
That shows his hoar leaves in the glassy stream;
There with fantastic garlands did she come
Of crow-flowers, nettles, daisies, and long purples
That liberal shepherds give a grosser name,
But our cold maids do dead men's fingers call them:
There, on the pendent boughs her coronet weeds
Clambering to hang, an envious sliver broke;
When down her weedy trophies and herself
Fell in the weeping brook. Her clothes spread wide;
And, mermaid-like, awhile they bore her up:
Which time she chanted snatches of old tunes;
As one incapable of her own distress,
Or like a creature native and indued
Unto that element: but long it could not be
Till that her garments, heavy with their drink,
Pull'd the poor wretch from her melodious lay
To muddy death.
- Shakespeare, Hamlet, 1603 -
Freitag, 16. September 2011
Momentaufnahmen
Es gibt Filme, die uns einen Moment lang vergessen lassen, wer wir sind, die unsere Vorgeschichte ausblenden und die Gegenwart durch die filmische ersetzen. Die das Leben für einen kurzen Augenblick in ein anderes Licht rücken, vielleicht sogar ins rechte Licht rücken.
Ich mag vor allem die ruhigen und die leisen Filme, die ihre Worte mit Bedacht wählen und sparsam mit ihnen umgehen, ihre Bedeutung nicht unterschlagen oder sie als Lückenbüßer missbrauchen. Selbst wenn das Gewicht auf Wort und Sprache liegt, dann darf es gerne lebensnah sein.
Ich gestehe, dass ich minutenlange Stille während eines Films manchmal sogar als unangenehm empfinde. Vielleicht lässt sich das auf unsere Gewohnheiten zurückführen. Das Mainstream-Kino, auf das sich bequem alle Schuld schieben lässt, ist voll von sekündlich wechselnden Sinneseindrücken. Wir werden überrannt, Fluchtversuche sind zwecklos, was uns bleibt ist eine letzte Chance: uns immer tiefer in den Kinosessel zu vergraben. Die Hände vor die Augen oder an die Ohren. Etwas hören oder etwas sehen, vom groben Geschehen auf der Leinwand, eines von beidem tun wir doch sowieso.
Wir setzen uns also auf den uns zugeteilten nummerierten Sessel, das Gesicht im besten Falle stets der Leinwand zugewandt. Nach gut zwei Stunden verlassen wir unser dunkles und demzufolge sicheres Terrain und müssen uns, in den ersten Sekunden noch vom grellen Licht geblendet, wieder mit dem eigenen Leben zufrieden geben.
Ich hoffe, dass es die leisen Filme immer geben wird. Sie melden sich oft dann zurück, wenn wir es am wenigsten erwarten. Im Alltag, ganz laut und ganz plötzlich. Dann erinnern wir uns vielleicht wieder an den einen Abend im Kino. Und für einen kurzen Moment geben wir unser Leben erneut ab, in die pflichtbewussten Hände des Filmvorführers, der mit geschulten Handgriffen dafür sorgt, dass wir für ein paar Minuten alles um uns herum vergessen dürfen.
Why do we sit so close?
Maybe it was because we wanted to receive the images first...
when they were still new, still fresh...
before they cleared the hurdles of the rows behind us...
before they'd been relayed back from row to row, spectator to spectator...
until worn-out, secondhand, the size of a postage stamp
it returned to the projectionist's cabin.
Maybe, too, the screen really was a screen.
It screened us from the world.
aus Bertoluccis The Dreamers, 2003
Maybe it was because we wanted to receive the images first...
when they were still new, still fresh...
before they cleared the hurdles of the rows behind us...
before they'd been relayed back from row to row, spectator to spectator...
until worn-out, secondhand, the size of a postage stamp
it returned to the projectionist's cabin.
Maybe, too, the screen really was a screen.
It screened us from the world.
aus Bertoluccis The Dreamers, 2003
Dienstag, 13. September 2011
Ruhe
"Aber das Wesen des Menschen ist unbeständig, und leicht vergißt er,
was er sich nächtens mit geballter Faust geschworen."
Robert Schneider, Schlafes Bruder, 1992
Montag, 12. September 2011
Kurz vor knapp...
...aber nun endlich spruchreif: die Wohnung in der Neustadt.
Die Freude ist groß, die Erleichterung größer!
Die Freude ist groß, die Erleichterung größer!
Flut
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